Auswahl unter mehreren Verpflichteten
Die Auswahl unter mehreren Verpflichteten kann die Behörde nach ihrem Ermessen treffen, das sich an der schnellen und wirksamen Gefahrenbeseitigung ausrichtet. Die Gründe für ihre Entscheidung muss die Behörde nicht im Einzelnen darlegen, wenn die geforderte Ermessensausübung nur ersichtlich wird. Nur falls diese ganz unterbleibt oder von sachfremden Überlegungen bestimmt wird, ist gerichtliche Abhilfe möglich. Natürlich hat dann ein zweiter Bescheid dieselbe Verpflichtung zum Inhalt, dann mit einer rechtlich korrekten Begründung. Sicher ist auf alle Fälle, dass die Reihenfolge der Haftenden nach § 4 Abs. 3 keine verbindliche Reihenfolge für die Behörde ergibt(39). Auch ist zu bedenken, dass vertragliche Regelungen in Kaufverträgen die Behörde nicht binden(40). Sie kann zwar danach entscheiden, muss es aber nicht. In der Praxis besteht für denjenigen das größte Risiko der Verpflichtung, der finanziell hierzu besser als andere Beteiligte in der Lage ist und der jetziger Eigentümer ist(41). Im zweiten Fall kann die Behörde dann mit einer Verfügung alles regeln und muss nicht wie bei einer Verfügung gegen den früheren Eigentümer oder den jetzigen Pächter auch den jetzigen Eigentümer zusätzlich zur Duldung der Sanierung in einer zweiten Verfügung verpflichten, die ja auch mit Rechtsmitteln bekämpft werden kann. Insbesondere bei alten Schäden durch mehrere mögliche Verursacher muss sich die Behörde nicht auf eine unsichere Beweisführung zur Verursachung oder zusätzliche Ermittlungen durch Sachverständige(42) einlassen. Genauso wenig muss sie unsichere Rechtsfragen wegen einer möglichen Haftung in einem Sanierungsverfahren durch die Gerichte klären lassen, wenn sie auf rechtlich sicherem Weg einfacher ans Sanierungsziel gelangen kann. Die Konsequenz für den potenziellen Käufer ist eindeutig und darf nicht übersehen werden.
Er muss auch als bloßer Zustandsstörer damit rechnen, in Anspruch genommen zu werden, auch wenn der Verkäufer ihn von solchen Ansprüchen vertraglich freistellt. Dann trägt er zumindest das Insolvenzrisiko des Verkäufers. Eine Bindung der Behörde bezüglich des von ihr zur Sanierung zu verpflichtenden Haftenden kann man nur durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag erreichen, in dem die Behörde zur Auswahl des Haftenden eine verbindliche Aussage macht. Es liegt auf der Hand, dass die Behörde einen solventen Haftenden nur gegen entsprechende Vorableistungen zur Sanierung endgültig aus der Haftung entlässt.
Natürlich kann die Behörde erst den einen, dann einen anderen Verantwortlichen zur Sanierung heranziehen, etwa wenn beim ersten finanzielle Engpässe erkennbar werden. Etwas abgemildert ist das Gebot der Effizienz gegenüber der materiellen Gerechtigkeit allerdings dann, wenn es nicht mehr um die Sanierung geht, sondern nur noch um die Bezahlung der bei der Behörde bereits entstandenen Kosten hierfür. Hier spricht dann vieles für den – allerdings immer noch leistungsfähigen – Verursacher statt für den bloßen Eigentümer.
Zivilrechtliche Regelungen schützen nicht vor der Inanspruchnahme zur Sanierung durch die Behörde.
Eine Verjährung oder die Verwirkung des behördlichen Anspruchs auf Sanierung tritt nicht ein. Dies war für die Verjährung schon zuvor für das bisher anzuwendende Polizeirecht unstreitig und gilt auch weiterhin, zumal das BBodSchG hierzu keine Regelung enthält. Die Regelungen des BGB zur Verjährung in den §§ 194 ff. gelten zwar grundsätzlich auch im öffentlichen Recht, aber nur bei vermögensrechtlichen Ansprüchen, nicht wie hier bei Handlungspflichten.
Eine Verwirkung von Rechten kann zwar bei längerem Untätigsein der Behörde eintreten, so dass dann keine Sanierung mehr verlangt werden kann. Neben dem Zeitablauf muss aber auch noch ein inhaltliches Moment hinzukommen, die beide zusammen erst zur Verwirkung führen können. Deshalb reicht die lange Zeit des behördlichen Nichtstuns nicht aus. Dies gilt auch dann, wenn eine Behörde gegenüber einem wirtschaftlich angeschlagenen Betrieb wegen des Arbeitsplatzrisikos zunächst länger nicht eingeschritten ist und dann aber im Fall der Insolvenz einen anderen Haftenden, auch den Insolvenzverwalter als Zustandshaftenden, in Anspruch nimmt(43).
(39) Auch wenn in der Gesetzesbegründung davon zu lesen ist!
(40) VGH Baden-Württemberg UPR 1994, 271
(41) Er kann tatsächlich und rechtlich am einfachsten auf das belastete Grundstück einwirken. Nach der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 19.10.1993, NVwZ-RR 1994, 565 kann auch unter mehreren Verursachern derjenige zur gesamten Sanierung herangezogen werden, der den geringeren Beitrag zu einer Altlast geleistet hat. Ebenso in der Entscheidung vom 3.9.2002, NVwZ-RR 2003, 103. S. o. im Kapitel Der Verursacher.
(42) OVG Bremen 19.8.2003, Natur und Recht (NuR) 2004, 182
(43) So der BayVGH in einem Beschluss vom 2.4.2001, NVwZ 2001, 822, wo das Gericht aus dem Vorwurf des später herangezogenen Zustandsstörers, die Behörde habe durch ihr Nichtstun den Handlungsstörer untertauchen lassen, keine Folgen zog.